Strengere Regeln zu Verkauf und Abgabe von Biozidprodukten sollen ab 2025 gelten. Die Argumente von Handel und Industrie werden bislang nur von den Bundesländern gehört.
„Die neuen Regeln zur Abgabe von Biozidprodukten schützen die Umwelt, vor allem Insekten, und die menschliche Gesundheit vor negativen Auswirkungen“, mit diesen Worten hat Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) eine neue Biozidrechtsdurchführungsverordnung auf den Weg gebracht. Neben Neuregelungen zur amtlichen Meldung, sieht die Verordnung vor, dass verschiedene Biozidprodukte im Handel nicht mehr zur Selbstbedienung angeboten werden können bzw. nur nach einem verpflichtenden Abgabegespräch an Kunden herausgegeben werden dürfen. Dies umfasst auch solche Produkte, die im Zuge des aufwändigen Zulassungsverfahrens auf europäischer Ebene explizit zur Verwendung für die breite Öffentlichkeit freigegeben wurden. Die Verordnung wurde im August im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, die neuen Regeln zur Abgabe sollen ab dem 1. Januar 2025 gelten.
Hohe Belastung für den Handel
Dies hat zur Folge, dass im Handel künftig stets sachkundiges Personal im Sinne des Chemikalienrechts anwesend sein muss. Entsprechende Mechanismen müssen etabliert werden und dafür sorgen, dass Kunden ein Abgabegespräch erhalten, bevor sie ein Biozidprodukt an der Kasse erwerben dürfen. Im Onlinehandel müssen entsprechende virtuelle Gespräche geführt werden. Da die Verordnung sowohl Antifouling-Produkte (Selbstbedienungsverbot) als auch Holzschutzmittel (verpflichtendes Abgabegespräch) umfasst, ist die Farben- und Lackindustrie ebenfalls von der Verordnung betroffen. Konkret bedeutete dies, dass ein Heimwerker ein Holzschutzmittel im Baumarkt erst erwerben kann, wenn er von einem Mitarbeiter unter anderem über die Risiken, mögliche präventive oder alternative Maßnahmen sowie die Entsorgung aufgeklärt wurde.
Bundesrat plädiert für eine Überprüfung der Regelungen
Der Verordnungsentwurf hatte massive Kritik bei den betroffenen Verbänden der Industrie und des Handels ausgelöst. Auch der VdL hatte sich klar gegenüber der Bundesregierung sowie – durch die Bezirksgruppen – gegenüber den Bundesländern positioniert. Während die Argumente der Wirtschaft vom Umweltministerium in weiten Teilen ignoriert wurden, zeigten die Länder, die am Ende für die Überwachung der Vorgaben zuständig sind, mehr Verständnis: Der Bundesrat erkennt an, dass der bürokratische Aufwand für die Handelsunternehmen sehr hoch ist und dies nicht sachgerecht erscheint. Daher schlägt die Länderkammer vor, dass das Selbstbedienungsverbot lediglich auf solche Produkte Anwendung finden soll, bei denen tatsächlich ein besonderes spezifisches Risiko bei der Benutzung besteht, und, dass das Abgabegespräch durch praktikablere Lösungen ersetzt wird.
VdL-Infopapier mit Übersicht
Der Bundesrat empfiehlt der Bundesregierung, rechtzeitig vor dem 1. Januar 2025 die beschlossenen Regeln zu überprüfen. Zusammen mit seinen Partnern wird der VdL sich in der nächsten Legislaturperiode dafür einsetzen, dass die neue Bundesregierung diese Überprüfung durchführt. Da die Verordnung nur Biozidprodukte betrifft, hat der VdL ferner ein Informationspapier zur „Abgrenzung zwischen Biozidprodukten und behandelten Waren bei Bautenanstrichmitteln"veröffentlicht, um Klarheit zu schaffen, welche Produkte von der Regelung betroffen wären.