Umwelt und Sicherheit

Schiffsfarben: Verarbeitung in der Masse kein Problem

|   Startseite weiß

Die Eintragspfade an Mikroplastik sind bei Schiffsfarben mit denen anderer Farben vergleichbar: Unsachgemäßes Auswaschen von Verarbeitungs­material kann zum Eintrag ins Abwasser führen. Beim Auftragen bzw. Abschleifen im Freien kann es zu Einträgen in die Luft über Verwehungen bzw. Ablagerungen in den Boden und damit ins Grundwasser kommen.

Glücklicherweise werden Schiffsfarben zum erheblichen Teil in Werften verarbeitet. Einhausen beim Verarbeiten, Abwasseraufbereitung für Schleifabwässer sowie die sachgerechte Reinigung der Verarbeitungsgeräte sind hier der Stand der Technik, Mikroplastikeinträge in die Umwelt sollten in der Masse der Verarbeitungen kein Thema sein.

Anders als etwa in Schweden streichen in Deutschland nur wenige Privatpersonen ihre Boote selbst. Bei einer solchen „privaten“ Verarbeitung kann es sehr wohl zu Mikroplastikeinträgen in die Umwelt kommen. Umfangreiche Aufklärungs-
arbeit durch Marinas und Farbfirmen soll dem Freizeit-Anstreicher erleichtern, sein Boot umweltgerecht instandzusetzen. Zusätzlich stellen immer mehr Marinas Instandsetzungs-Flächen zur Verfügung, auf denen das Abwasser aufgefangen und aufbereitet wird.

Im Freizeitbereich kann unter bestimmten Voraussetzungen auf Schiffsfarben ganz verzichtet werden. Die alternativ verwendeten Schiffskörper aus Kunststoff bzw. verwandte Hartbeschichtungen dürften den Austrag an Mikroplastik zumindest erheblich verringern.

Schutz vor Korrosion

Die kommerzielle Schifffahrt aber kann anerkanntermaßen nicht ohne Schiffsfarben auskommen. So schützen Schiffsfarben die Außenhaut der Schiffe vor Korrosion, tragen so zur Langlebigkeit der Schiffe bei. Ferner verhindern sie das Anwachsen von Biofouling an der Außenhaut der Schiffe. Die Biodiversität wird geschützt, indem fremde Arten nicht von einem Hafen in den nächsten getragen werden. Zusätzlich wird das Klima geschont. Anwachsende Algen, Seepocken
und Muscheln, das sog. Biofouling, würden außerdem den Reibungswiderstand im Wasser erhöhen. Die Folge: das Schiff würde bis zu 40 Prozent mehr Treibstoff verbrauchen – mit entsprechendem Ausstoß an CO2.

Studien für bessere Daten

Forschung und Entwicklung der Schiffsfarben müssen deshalb den typischen Haupteintragspfad an Mikroplastik im Blick haben und optimieren: den Abrieb der Farben beim Gleiten durchs meist salzige Wasser unwiederbringlich direkt ins offene Gewässer. Um in diesem Bereich die Datenlage zu erweitern, engagiert sich die Branche auf europäischer und globaler Ebene mit Studien.

Die Tücke steckt im Detail: Für Forschung und Entwicklung von neuen Farben gilt es, nicht allein ein Umweltziel im Auge zu haben. Eine abwägende Bewertung der Auswirkungen auf unterschiedlichste Umweltaspekte ist gefordert, bei den Schiffsfarben u.a. der Eintrag an Bioziden, weiterer Stoffe und Polymere ins Meer sowie mittelbare Auswirkungen aufs Klima oder die Biodiversität. Kein einfaches Unterfangen: Die Problematik potenziert sich durch den Vergleich mit
alternativen Konzepten bis hin zur Verzichtsalternative, deren Auswirkungen benannt werden und ebenfalls in die Abwägung einfließen müssen. Nicht zuletzt muss das Produkt auf dem Markt Akzeptanz finden. Eine Entscheidung dieser Zielkonflikte erfordert eine gesellschaftspolitische, offene Diskussion und ausgewogene Gesetze. Eine Flut von Spezial-Regelungen, die jeweils nur einen Aspekt mit teilweise konkurrierenden Handlungs-Schwerpunkten definieren, ist nicht hilfreich.

Autorin: Berit Bartram