Bildung und Forschung

„Gute Bewerber zu finden wird schwieriger.“

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Dr. Roland Somborn

Interview mit Dr. Roland Somborn, Vorsitzender des Arbeitskreises Bildung im VdL

 

Warum hat sich der Arbeitskreis dazu entschieden, die Lacklaborant-Website zu überarbeiten und was erhoffen Sie sich davon?

Schon seit 2003 gibt es das Informationsportal, und jetzt war es an der Zeit, die Seite moderner und informativer zu gestalten sowie unserer Zielgruppe gerecht zu werden. Die neugestaltete und überarbeitete Website soll ansprechend, aber auch informativ sein. Informationen zu den Ausbildungsberufen und zum Bewerbungsverfahren, Erfahrungsberichte von Auszubildenden verschiedener Berufe und Firmen sowie die Darstellung von Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildung werden diesem Anspruch gerecht. Für unsere Mitgliedsunternehmen bieten wir mit diesem Auftritt eine Möglichkeit, ihr Unternehmen zu präsentieren, ihr Engagement in Sachen Aus- und Weiterbildung darzustellen sowie firmenspezifische Besonderheiten hervorzuheben. Der Wettbewerb um gute Bewerber wird immer schwieriger, und immer mehr Ausbildungsplätze können nicht besetzt werden. Mit der Website wollen wir einen Beitrag leisten, potenzielle Bewerber über die Berufe in der Lack- und Druckfarbenindustrie zu informieren und ihnen die Attraktivität einer Ausbildung in unserer Branche darzustellen.
 

Industrie und Wirtschaft klagen über einen immer stärker spürbaren Nachwuchs- und Fachkräftemangel. Können Sie diese Klagen teilen?

Situationen in denen Kundenwünsche und -aufträge wegen fehlender Fachkräfte nicht bedient werden können, sind für alle Unternehmen unbefriedigend und dramatisch. Nach einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums betrachten circa 55 Prozent aller deutschen Unternehmen den Fachkräftemangel als ein akutes betriebswirtschaftliches Risiko. Für eine Bewertung ist jedoch eine differenzierte Betrachtung erforderlich. So ist der Mangel an Fachkräfte regional sehr unterschiedlich, beispielsweise sind in Süddeutschland die Probleme größer als in West- und Ostdeutschland. Besonders große Schwierigkeiten sind in Handwerksbetrieben und in kleineren Firmen erkennbar. Die naturwissenschaftlichen MINT-Berufe und Berufe des Handwerks gelten als typische Mangelberufe. Der in vielen Firmen durch die Corona-Pandemie entstandene Umsatzrückgang sowie die zum Teil eingeleiteten Restrukturierungsmaßnahmen haben die vorhandenen Probleme aktuell kaschiert. Meiner Einschätzung nach ist der Fachkräftemangel in unserer Branche virulent und wird sich durch die demographische Entwicklung auch in den nächsten Jahren deutlich verstärken.
 

Gibt es pandemiebedingte Veränderungen auf dem Aus- und Weiterbildungsmarkt?

Ja sicherlich. Über mehrere Monate hinweg fand für die Auszubildenden kein konstanter Präsenzunterricht in der Berufsschule statt. Distanz- und Hybridunterricht wechselten sich ab. Klausuren konnten nicht geschrieben werden. Lehrer und Auszubildende mussten sich an die neuen Unterrichtsmethoden gewöhnen. Direkte und erforderliche Transaktionen zwischen allen Beteiligten waren schwer möglich.

Auch in den Ausbildungsbetrieben konnten aufgrund des Infektionsschutzes viele Lerneinheiten nicht in der Form durchgeführt werden, wie es sonst üblich ist. Leistungsdefizite bei den Auszubildenden sind mögliche Folgen. Als positiver Effekt bleibt festzuhalten, dass die Digitalisierung in der Ausbildung durch die Pandemie schneller umgesetzt wurde. Gleichzeitig ist die Übernahmesituation von ausgelernten Auszubildenen in vielen Betrieben schwieriger geworden und die Anzahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge hat ebenfalls abgenommen. Im Bereich der Weiterbildung wurden seit März 2020 sehr viele Veranstaltungen storniert oder durch digitale Formate ersetzt. Eine Bewertung, welche Veränderungen auch nach der Pandemie bleiben werden, ist aus heutiger Sicht schwer vorherzusehen.
 

Welchen Herausforderungen muss sich die Branche in den nächsten Jahren stellen?

Aus Sicht der Aus- und Weiterbildung müssen wir uns zum einem der demographischen Entwicklung und dem damit verbundenen Fachkräftemangel stellen und dem durch verstärkte Aus- und Weiterbildung ent­gegenwirken. Veränderungen der Arbeitsprozesse infolge der Digitalisierung und damit verbundenen neuen Qualifikationsanforderungen werden Veränderungen der Berufsbilder zur Folge haben.

Zur Vermittlung der Kompetenzen werden wir zunehmend digitale Methoden einsetzen. So wurde zum Beispiel die Digitalisierung in den Ausbildungsrahmenplan der Chemikanten und Lacklaboranten übernommen. Die Rolle des Ausbilders wird sich durch die neuen Anforderungen von einem Vermittler von Wissen zu einem Lernbegleiter ändern. Kurz gesagt, wir werden mehr Personen gezielter und besser mit neuen Konzepten qualifizieren und uns anstrengen müssen, damit wir im Wettbewerb um gute Mitarbeiter konkurrenzfähig bleiben.

Das Interview führte Anne Bayer.


Arbeitskreis Bildung

Der VdL-Arbeitskreis Bildung beschäftigt sich seit 1996 (damals unter anderem Namen) mit den Themen Aus- und Weiterbildung in der Lack- und Druckfarben­industrie. Neben Nachwuchsgewinnung und Qualifizierungsmaßnahmen stehen auch Personalentwicklung und Bildungspolitik im Fokus. Vorsitzender des Arbeitskreises ist seit 2013 Dr. Roland Somborn, Axalta Coating Systems. Weitere Mitgliedsfirmen sind BASF Coatings, Dörken, DAW, Epple, FreiLacke und Hobum Oleochemicals.