Lacke & Farben aktuell

Beschränkung mit Ausnahmen

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Die Beschränkung synthetischer Polymermikropartikel ist seit Ende Oktober 2023 in Kraft und hat eine Vielzahl an Auswirkungen auf die europäische Industrie. Farben, Lacke und Druckfarben sind zwar direkt betroffen, aber von dem generellen Verwendungsverbot ausgenommen.

Bereits im Januar 2019 hat die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) einen Vorschlag zur Beschränkung von Mikrokunststoffen erarbeitet, die bestimmten Produkten absichtlich zugesetzt werden. Synthetische Polymermikropartikel (SPM) – wie sie jetzt in der Beschränkung bezeichnet werden – wurden mit der Verordnung (EU) 2023/2055 Ende September in Anhang XVII der REACH-Verordnung aufgenommen. Die Beschränkung ist seit 17. Oktober 2023 in Kraft und zielt auf Produkte ab, aus denen Mikrokunststoff e in die Umwelt freigesetzt werden.

Mit der Beschränkung sollen verschiedene Produktgruppen – zeitlich abgestuft – nicht mehr auf den Markt gebracht werden dürfen.

Komponenten von Farben, Lacken und Druckfarben fallen ebenfalls unter die in der Beschränkung genannte Definition für Mikrokunststoff e und sind damit direkt von dieser Beschränkung betroffen. Farben, Lacke und Druckfarben, die Polymere in ihren Bindemitteln oder als Additive enthalten, sind aufgrund der vorgeschlagenen Ausnahmen zwar vom Verwendungsverbot ausgenommen. Allerdings unterliegen Hersteller, Importeure und nachgeschaltete Anwender umfang reichen Kennzeichnungs- und jährlichen Berichtspflichten an die ECHA.

Umsetzungsfristen für Farben-, Lack- und Druckfarbenhersteller

Die Beschränkung setzt zwei wichtige Fristen: Zum einen müssen Anweisungen und zusätzliche Informationen für nachgeschaltete industrielle Anwender ebenso wie für gewerbliche Anwender und die breite Öffentlichkeit spätestens am 17. Oktober 2025 bereitgestellt werden. Zum anderen muss erstmalig ab 31. Mai 2027 der Meldefrist an die ECHA nachgekommen werden. Die Meldung muss dann jährlich erfolgen, jeweils zum 31. Mai.

Geltungsbereich und Ausnahmen

Die Beschränkung verbietet das Inverkehrbringen von synthetischen Polymermikropartikeln als solche und von Gemischen, in denen synthetische Polymermikropartikel in Konzentrationen von mindestens 0,01 Gewichtsprozent vorhanden sind, um eine gewünschte Eigenschaft zu verleihen. Sofern keine Ausnahmen für das Polymer oder die Verwendung bzw. Endanwendung zur Anwendung kommen, gilt dies ab Inkrafttreten der Beschränkung. Der Geltungsbereich ist auf Polymere eingegrenzt, die unter Standardbedingungen (20 °C; 101,3 kPa) fest sind.

Kennzeichnungs- und Informationspflichten

Für Gemische mit synthetischen Polymermikropartikeln für eine Verwendung in industriellen Anlagen (Ausnahme 4a), muss der Hersteller die nachfolgend aufgelisteten Informationen an die nachgeschalteten industriellen Anwender weitergeben:

1. Anweisungen für die Verwendung und Entsorgung für nachgeschaltete industrielle Anwender, in denen erläutert wird, wie die Freisetzung syntheti scher Polymermikroparti kel in die Umwelt verhindert werden kann

2. Den Hinweis: „Die gelieferten syntheti schen Polymermikro parti kel unterliegen den Bedingungen des Eintrags 78 in Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Euro päischen Parlaments und des Rates.“

3. Angaben zur Menge oder gegebenenfalls zur Konzentration synthetischer Polymermikropartikel im Stoff oder Gemisch sowie

4. Allgemeine Informationen zur Art der in dem Stoff oder Gemisch enthaltenen Polymere

Hersteller, die Gemische mit synthetischen Polymermikropartikeln für gewerbliche Anwender und die breite Öffentlichkeit (Ausnahmen 5 (b und c)) in Verkehr bringen, müssen Anweisungen bereitstellen, die erläutern, wie die Freisetzung der Mikrokunststoff e in die Umwelt verhindert werden kann.

Nachgeschaltete industrielle Anwender, die synthetische Polymermikropartikel in industriellen Anlagen verwenden, müssen der ECHA jeweils zum 31.05. eines jeden Jahres die nachfolgenden Informationen übermitteln:

1. Eine Beschreibung der Verwendungen von SPM im vorangegangenen Kalenderjahr

2. Allgemeine Informationen zur Art der verwendeten Polymere für jede Verwendung

3. Für jede Verwendung eine Abschätzung der Menge von synthetischen Polymermikropartikeln, die im vorangegangenen Kalenderjahr in die Umwelt freigesetzt wurden, einschließlich während des Transports

4. Für jede Verwendung von synthetischen Polymermikropartikeln einen Hinweis auf die Ausnahmeregelung gemäß Abs. 4 (a) des Beschränkungstextes

Hersteller von Produkten, die synthetische Polymermikropartikel für gewerbliche Anwender und/oder die breite Öffentlichkeit in Verkehr gebracht haben, müssen der ECHA jeweils zum 31.05. eines jeden Jahres die folgenden Informationen übermitteln:

1. Eine Beschreibung der Endverwendungen, für die die SPM im Berichtsjahr in Verkehr gebracht wurden

2. Für jede Endverwendung, allgemeine Informationen über die Art der in Verkehr gebrachten Polymere

3. Für jede Endverwendung eine Abschätzung der Menge von SPM, die im Berichtsjahr in die Umwelt freigesetzt wurden, einschließlich während des Transports

4. Für jede Verwendung einen Hinweis auf die geltenden Ausnahmeregelungen gemäß des Beschränkungstextes

Farben, Lacke und Druckfarben fallen in den allermeisten Fällen unter zwei der in der Beschränkung genannten Ausnahmen: entweder die Nutzung in industriellen Anlagen (4a) oder synthetische Polymermikropartikel, deren physikalische Eigenschaften während der vorgesehenen Endanwendung dauerhaft verändert (5b) werden bzw. Polymermikropartikel, die dauerhaft in eine feste Matrix integriert werden (5c).

Auskunft auf Anfrage der Behörden

Die Behörden haben die Möglichkeit, umfassendere Informationen einzuholen: Hersteller, Importeure und industrielle Anwender von Produkten, die synthetische Polymermikropartikel enthalten, müssen auf Nachfrage spezifische Informationen an zuständige Behörden übermitteln. Diese Informationen umfassen die Art der Polymere, die als synthetische Polymermikropartikel in diesen Produkten vorhanden sind sowie die Wirkung dieser Polymere in den Produkten.

Leitfaden, Hilfestellungen, Projekte

Bereits jetzt nutzbar ist die gemeinsame Handreichung von Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e.V. (VdL), Deutsche Bauchemie e.V. (DBC) und Industrie verband Klebstoff e e.V. (IVK). Dieser Leitfaden soll betroffene Hersteller von Farben, Lacken und Druckfarben, bauchemischen Produkten, Dichtstoff en sowie Klebstoff en und Klebebändern dabei unterstützen, die von der Beschränkung betroffenen Rohstoff e und Produkte zu identifizieren, notwendige Pflichten abzuleiten und deren Umsetzung rechtzeitig vorzubereiten. So enthält dieser auch einen Entscheidungsbaum anhand dessen die Betroffenheit abgeleitet werden kann.

• Es bestehen durchaus Interpretationsfreiräume durch nicht vorhandene Definitionen und Abgrenzungen. Hier erarbeitet CEPE, unser europäischer Verband, momentan ein umfangreiches FAQ sowie ebenfalls einen Leitfaden.

• Auch die Kommission plant ein FAQ-Dokument zur Beschränkung von synthetischen Polymermikropartikeln

Der Leitfaden zu Mikroplastik kann hier heruntergeladen werden:

Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e.V. | Leitfaden zu Mikroplastik (wirsindfarbe.de)

FAQ

Wie geht die EU-Kommission gegen Wie geht die EU-Kommission gegen die Verschmutzung der Umwelt durch Mikroplastik vor?

Um die Umweltverschmutzung durch Mikroplastik zu bekämpfen, hat die EU eine Reihe von Regulierungsmaß nahmen ergriffen. Die Richtlinie über Einwegkunststoffartikel und der Vorschlag für eine neue EU-Verordnung über Verpackungen sollen dazu beitragen, das Aufkommen von Kunststoffabfällen zu verringern und deren Sammlung und Recycling zu verbessern.

Die EU hat zudem andere Rechtsvorschrift en im Zusammen hang mit der Überwachung der Verschmutzung durch Mikroplastik in den Bereichen des Wasser- und Umweltrechts (u.a. Wasserrahmenrichtlinie und Industrieemissionsrichtlinie) erlassen oder vorgeschlagen.

Mit der REACH-Beschränkung hat die EU erstmals Maßnahmen beschlossen, um den bewussten Zusatz von Mikroplastik in Produkten zu verringern.

Wird die REACH-Beschränkung für Wird die REACH-Beschränkung für bewusst zugesetztes Mikroplastik dessen Freisetzung in die Umwelt verhindern?

Die REACH-Beschränkung sieht Ausnahmen und Übergangs fristen vor. So gilt das Verbot des Inverkehrbringens von synthetischen Polymermikropartikeln für essenzielle Produkte nicht, z.B. Arzneimittel, Medizinprodukte oder Düngemittel. Zudem fallen bestimmte Verwendungen wie in Industrieanlagen nur teilweise unter die REACH-Beschränkung. Für ausgenommene Verwendungen werden zwar Kennzeichnungs- und Berichtspflichten eingeführt, welche aber nicht direkt eine Mikroplastikfreisetzung in die Umwelt verhindern oder verringern werden.

Wie möchte die EU-Kommission eine unbeabsichtigte Freisetzung von Mikroplastik aus Produkten bekämpfen?

In Ergänzung werden für die Hauptquellen der Mikroplastikverschmutzung produktspezifisch weitere Initiativen ergriffen. Die EU wird für bestimmte Produktgruppen, u.a. für Farben und Lacke, die Freisetzung von Mikroplastik über die vorgeschlagene Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte regeln. Die Ökodesign-Verordnung soll dazu beitragen, Produkte bezüglich ihrer Ressourceneffizienz zu verbessern sowie ihre Umweltauswirkungen zu verringern.

Wie kann die Industrie zur Bekämpfung Wie kann die Industrie zur Bekämpfung des Mikroplastikproblems beitragen?

Schon bei der Entwicklung von Produkten muss auf deren Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit geachtet werden, damit eine Freisetzung von Mikroplastik in die Umwelt effektiv verringert wird. Zudem sollten die Nutzer der Produkte ausreichend über deren ordnungsgemäße Verwendung und Entsorgung informiert sein, um eine Umweltverschmutzung zu vermeiden. Zum besseren Schutz von Gewässern vor Mikroplastikeintrag müssen Reinigungsprozesse der Abwässer effektiv eingesetzt werden und durch Innovationen weiter verbessert werden.

Oftmals fehlt es an geeigneten analytischen Methoden zur Untersuchung der Mikroplastikfreisetzung aus Produkten. An standardisierten Methoden zur Ermittlung der Mikroplastikverluste sollte gemeinschaftlich auf EU-Ebene gearbeitet werden, um die Informationsanforderungen der REACH Beschränkung sinnvoll erfüllen zu können. Die Lack- und Farbenindustrie hat z.B. experimentelle Studien initiiert, um weitere Informationen zur Freisetzung von Mikroplastik aus Außenbeschichtungen zu gewinnen.


Dr. Sandra Heydel

arbeitet beim VdL als Referentin mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit und Bauprodukte. heydel@vci.de

 

Aline Rommert

ist beim Verband Referentin für Produktsicherheit, Nanotechnologie, technische Gesetzgebung und REACH. rommert@vci.de