Verbraucherschutz und Produktsicherheit

Konservierungsmittel: Rechtsgutachten zeigt Mängel auf

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Seit langem weist die Industrie darauf hin, dass sich aufgrund regulatorischer Beschränkungen durch die Biozidprodukteverordnung (BPR) eine Wirkstoffverknappung abzeichnet. Dies gefährdet die Zukunft vieler wasserbasierter Produkte wie Farben oder Lacke.

Eine der Ursachen der Verknappung ist die Festlegung von Verwendungsbeschränkungen bei der wichtigen Stoffgruppe der Isothiazolinone: So wurde bei der Wirkstoffgenehmigung des Stoffes CIT/MIT ein Präzedenzfall geschaffen, indem in der Durchführungsverordnung eine Klausel eingeführt wurde. Diese beschränkt das Inverkehrbringen behandelter Waren, wie konservierte Farben und Lacke, für die breite Öffentlichkeit auf Konzentrationen unterhalb des spezifischen Konzentrationsgrenzwertes zur Hautsensibilisierung. Damit hat die EU-Kommission die Verwendung unmittelbar an die rein gefahrenbasierte harmonisierte Einstufung gekoppelt. Da viele Isothiazolinone bei diesen Konzentrationen nicht mehr wirksam sind, käme das de facto einem Verbot im Do-It-Yourself-Bereich gleich.

Vorfestlegungen vermeiden

Aus Sicht der Industrie sollten unnötige Festlegungen auf Ebene der Wirkstoffgenehmigung vermieden werden. Mögliche Beschränkungen lassen sich im Rahmen der anschließenden Risikobewertung, auf Ebene der Biozidproduktzulassung, wesentlich zielgenauer festlegen. Ferner ist eine Kopplung der Wirkstoffgenehmigung an die rein gefahrenbasierte Einstufung im CLH-Prozess nicht zielführend und auch rechtlich fragwürdig.

Rechtsgutachten schafft Klarheit

Dieser Kritikpunkt wird nun durch ein Rechtsgutachten, welches der europäische Farbenverband CEPE bei der renommierten Kanzlei Mayer Brown in Auftrag gegeben hat, untermauert: Das Gutachten analysiert, ob eine Festlegung eines Konzentrationslimits für Farben und Lacke für die breite Öffentlichkeit rein auf Basis der Limits der harmonisierten Einstufung rechtlich zulässig ist. Es kommt zu dem Schluss, dass ein solches Vorgehen nicht den Vorgaben der BPR entspricht. Die Grenzwerte des CLH-Prozesses repräsentieren die inhärente Gefährlichkeit eines Stoffes, welche die Verwendung von bestimmten Warnhinweisen rechtfertigt, aber sie stellen keine Sicherheitsgrenzwerte dar, die sich auf ein definiertes Risiko beziehen.

Das spezifische Risiko ist wichtig

Das Gutachten zeigt detailliert auf, unter welchen Umständen eine Festlegung von Konzentrationsgrenzwerten im Rahmen der Wirkstoffgenehmigung zulässig wäre: Hierzu müsste ein spezifisches Risiko durch die Verwendung des Stoffes in einer bestimmten Produktgruppe identifiziert werden. Vereinfacht gesprochen: Um einen Grenzwert für einen Stoff in Farben und Lacken festzulegen, muss nach der BPR das spezifische Risiko für genau diese Anwendung untersucht werden. Dazu müsste ein realistisches Expositionsszenario gewählt werden, welches die Situation bei den jeweiligen Farben und Lacken widerspiegelt und z.B. die Häufigkeit oder die Art der Anwendung berücksichtigt.

Gerade im DIY-Bereich ist davon aus-zugehen, dass der Hobby-Maler nicht jeden Tag mit Farben in Berührung kommt. Ferner liegt – hier im Gegensatz zu anderen Anwendungen – kein beabsichtigter Hautkontakt vor. Solche Faktoren wurden in der bisherigen Praxis allerdings nicht berücksichtigt.

Auswirkungen auf Bewertungsverfahren erhofft

Das Ball liegt nun bei den Fachbehörden: Das Rechtsgutachten wurde durch die CEPE und den VdL sowie die anderen nationalen Verbände an die zuständigen Behörden der EU und der Mitgliedsstaaten versandt, zusammen mit dem Angebot die Schlussfolgerungen im Rahmen von Fachgesprächen zu vertiefen. Es bleibt zu hoffen, dass die rechtlichen Argumente bei den nationalen Behörden Gehör finden und sich somit die zukünftige Bewertungspraxis bei den Isothiazolinonen ändert, sodass auch in Zukunft hinreichend Wirkstoffe zur Konservierung wasserbasierter Farben und Lacke zur Verfügung stehen.
 

Das Rechtsgutachten ist auf Anfrage bei der VdL-Geschäftsstelle erhältlich.


Dr. Christof Walter
ist Leiter Technik beim VdL
mit den Schwerpunkten Biozide,
Druckfarben und Produktinformationen.
walter@vci.de