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Die Stärke einer Kette

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Dr. Sieglinde Stähle ist Mitglied der wissenschaftlichen Leitung des Lebensmittelverbands Deutschland e. V.. Der Dachverband vertritt die Interessen der gesamten Lebensmittelkette – „vom Acker bis zum Teller“. Er ist das Sprachrohr der gesamten Branche und Plattform für alle übergreifenden Themen. Er hat circa 80 Fachverbände als Mitglieder und 350 Einzelunternehmen aus dem Kern der Lebensmittelwirtschaft. Weitere Infos unter www.lebensmittelverband.de.

In dieser Rubrik lassen wir den Blick von außen zu. Hier können uns Autoren etwas ins Stammbuch schreiben, auch mit dickem Buntstift. Diesmal Dr. Sieglinde Stähle vom Lebensmittelverband Deutschland.

Es war im November 2005, als in Italien Carabinieri medienwirksam in den Supermärkten Produkte wie Baby-Milch und Baby-Kakao in Tetrapaks aus Deutschland beschlagnahmten und es ruchbar wurde, dass sich darin „gefährliche“ Druckfarben-Chemikalien befinden. Ein Anschlag auf die Gesundheit italienischer Kinder. Daraus entwickelte sich der sogenannte „ITX-Skandal“, in dessen Folge eine neue Zeitrechnung für die Lieferketten der bedruckten Lebensmittelverpackungen begann. Zumindest aus heutiger Sicht kann ITX, der Photoinitiator, auch als Initiator für das heutige Verhältnis zwischen Druckfarbenindustrie – vertreten durch den VdL – und Lebensmittelwirtschaft, vertreten durch den Lebensmittelverband Deutschland, damals bekannt als Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL), gesehen werden.

Im Zuge der Ursachenforschung, der Maßnahmenabstimmung, der politischen und medialen Schadensbegrenzung zeigte sich, wie wenig innerhalb der Wirtschaftskreise wechselseitige Kommunikation üblich war, wie gering der Schulterschluss und das Verständnis füreinander war und auch wie komplex die Wertschöpfungskette in diesem Bereich eigentlich ist. Unvergessen bleibt mir eine Anhörung – auf dem Höhepunkt des Skandals – im damaligen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, in der die Verbandskollegen aus den einschlägigen Bereichen, die Lebensmittelverpacker sowie der Lebensmittelhandel sich gegenseitig lautstark der Intransparenz und schuldhaft en Handelns bezichtigten – und alle gemeinsam ein denkbar schlechtes Bild gegenüber Verwaltung und Deutscher Umwelthilfe als NGO abgaben.

AN EINEM STRANG ZIEHEN

Der BLL hat als Dachverband nach diesen Ereignissen die Initiative ergriff en und seine Plattform genutzt, um die Situation zu verbessern: Der „BLL-Gesprächskreis Lebensmittelbedarfsgegenstände“ wurde 2007 gegründet, in dem sich regelmäßig die Vertreter der Packstoffbranchen (einschließlich VdL) mit ihren Abnehmern auf Seiten der Lebensmittelwirtschaft, vertreten durch Fachverbände und relevante Unternehmen treffen. Bis heute ein sehr aktiver und wichtiger Kreis auch für den jetzigen Lebensmittelverband Deutschland.

Und was gab es über die Jahre nicht alles zu bereden und zu bearbeiten: Themen der Rechtsetzung, Standardisierung, Migranten bis hin zu MOSH & MOAH. ITX hatte nicht nur die Regulierer, sondern auch die Lebensmittelwirtschaft selbst aus einem Dornröschenschlaf geweckt und für die Rolle der Verpackung sowie der Verpackungsprozesse sensibilisiert.

Der Gesprächskreis hat u.a. hierfür wichtige Informationsgrundlagen und Rechtsauslegungen geschaffen in besonderer, branchenübergreifender Zusammenarbeit, die auch von den Behörden anerkannt sind und insofern Sicherheit und Schutz für alle Beteiligten bieten. Ganz nebenbei sind eine regelrecht familiäre Atmosphäre und ein Miteinander entstanden, was besonders dann hilft, wenn wir vor gemeinsame Probleme gestellt werden.

GEMEINSAME ZIELE VERFOLGEN

Ein durchgängig präsentes Thema war und ist die sogenannte „Druckfarbenverordnung“. Listen von geprüft en Druckfarben-Komponenten sind aus Sicht der Verantwortlichen für verpackte Lebensmittel – ganz am Ende der Kette – grundsätzlich ein sinnvolles Instrumentarium. Über deren Ausgestaltung und Charakter als Empfehlung, als Selbstverpflichtung oder als Verordnung kann viel diskutiert werden. Mag es auch Dissens in Detailfragen geben, so waren sich VdL und Lebensmittelverband in der Positionierung als Wirtschaftsverbände stets absolut einig im Einsatz gegen nationale, handelshemmende Vorschrift en und für einen europaeinheitlichen Rechtsrahmen, der ausreichend Spielraum für Eigenverantwortung lässt. Voraussetzung ist Vertrauensbildung in der Lieferkette – und auch hierfür haben wir uns explizit gemeinsam eingesetzt und wichtige Etappenziele erreicht

Diese Arbeit ist nicht zu Ende, es ist noch viel zu tun und neue Herausforderungen kommen hinzu. Unser Wunsch besteht, die gemeinsamen Interessen weiter auch gemeinsam zu verfolgen und die Stärke einer Kette zu zeigen.