Lacke & Farben aktuell

Bisphenol A - Stoff in der Diskussion

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Aufgrund seiner ökotoxikologischen Eigenschaften steht Bisphenol A (BPA) seit einiger Zeit in der Diskussion. Während der Stoff als solcher in der Farbenbranche nur in wenigen Nischenprodukten eingesetzt wird, spielen Epoxidharze für die Lack- und Druckfarbenindustrie eine wichtige Rolle.

Epoxidharze enthalten einen unvermeidbaren Restgehalt an Bisphenol A, weswegen insbesondere die derzeit laufenden Diskussionen um eine REACH-Beschränkung auch Auswirkungen für Lacke und Druckfarben haben könnten.

2012 bewerteten die zuständigen Behörden in Deutschland den Stoff BPA und reichten einen ersten Bewertungsbericht bei der ECHA ein, in dem die endokrinen Eigenschaften des Stoffes festgehalten wurden. Infolgedessen wird nun an einer REACH-Beschränkung gearbeitet, mit der die Emissionen von Bisphenol A in der Umwelt stark reduziert werden sollen.

In einem zweiten „Call for evidence“ wurde hierzu letztes Jahr vorgeschlagen, den maximal zulässigen Gehalt an BPA in Gemischen auf 10 ppm zu reduzieren. Liegen in einem Gemisch mehr als 10 ppm Restgehalte vor, soll ein Migrationstest nach einer beschleunigten Alterung zeigen, dass ein Migrationsgrenzwert von 0,04 mg/l eingehalten werden kann.

Grenzwert kaum einhaltbar

Während der Ansatz eines zweistufigen Systems durchaus positiv zu bewerten ist, ist zu befürchten, dass ein Maximalgehalt von 10 ppm insbesondere bei der Verwendung von festen Epoxidharzen aufgrund der Syntheseverfahren zur Herstellung der Harze nicht einhaltbar ist. Feste Epoxidharze werden insbesondere zur Herstellung von Pulverlacken oder auch in gelöster Form zur Herstellung von verschiedenen Flüssiglacken oder speziellen Druckfarben verwendet. Da es in diesen Bereichen unzählige verschiedene Lack- und Farbrezepturen gibt, die auf ihren jeweiligen Anwendungsbereich optimiert sind, und eine noch viel größere Anzahl an damit verbundenen Anwendungen, würde die vorgeschlagene Beschränkung zu einer immensen Anzahl an Migrationstests führen, was praktisch nicht mehr zu bewerkstelligen wäre.

Bedeutung für Korrosionsschutz

Die größte Bedeutung haben epoxidharzbasierte Lacke im Bereich des Korrosionsschutzes. So werden mittels Flüssiglacken beispielsweise Brücken, Windenergieanlagen, Tanks, Ölbohrplattformen oder Karosserien von Autos vor Korrosion geschützt. Epoxidharzbasierte Pulverlacke werden insbesondere für Gas- und Wasserleitungen, im Möbel- und Regalbau, im elektronischen Bereich und für Trinkwasseranlagen eingesetzt.

Neben den hohen Korrosionsschutzeigenschaften sind hier auch die hohe Alkali- und Verseifungsstabilität und die gute Beständigkeit gegen Flüssigkeiten als Eigenschaften der Lacke zu nennen, die nur durch den Einsatz der Epoxidharze zu erreichen sind. Sind die Lacke während der Nutzungsdauer der beschichteten Bauteile und Gegenstände Sonnenlicht und damit UV-Strahlung ausgesetzt, findet eine Überlackierung mit einem UV-beständigen Lack statt, sodass mit keiner Freisetzung von Bisphenol A in die Umwelt zu rechnen ist. Weitere Einsatzbereiche epoxidharzbasierter Lacke und Farben finden sich beispielsweise bei Grundierungen für Metalle und chemisch beständigen Bodenbeschichtungen, bei Überdrucklacken für hochglänzende Magazincover, bei Fotobüchern oder Faltschachteln für Kosmetika oder bei bedruckten Glaswaren.

Diese Auflistung zeigt die Komplexität des Themas bereits im Bereich der Lack- und Druckfarbenindustrie, wobei die entsprechenden Harze auch in vielen anderen Bereichen eingesetzt werden. So ist es nicht verwunderlich, dass Deutschland die Vorlage des Beschränkungsberichts für Bisphenol A kürzlich auf den 07. Oktober 2022 verschoben hat.

Kommentar

Neben der REACH-Beschränkung laufen aktuell auch regulatorische Entwicklungen in anderen Bereichen. So hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kürzlich eine Absenkung des TDI (Tolerable Daily Intake; duldbare tägliche Aufnahmemenge) für Bisphenol A auf 0,04 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag vorgeschlagen.

Kathrin Mohr
arbeitet beim VdL als Referentin
mit Schwerpunkt Umweltrecht,
Pulverlacke und Druckfarben.
mohr@vci.de