Lacke & Farben aktuell

Neue Grenzwerte für Pigmente?

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Diskussion um Grenzwerte für Pigmente unter der so genannten POP-Verordnung: Für die Hersteller und Verarbeiter von Lacken und Druckfarben werden große Auswirkungen befürchtet

 

Die Verordnung (EU) 2019/1021 über persistente organische Schadstoffe, kurz POP-Verordnung genannt, regelt insbesondere das Verbot sowie die Beschränkung der Herstellung, des Inverkehrbringens und der Verwendung von persistenten organischen Schadstoffen. Unter den Regelungsbereich der Verordnung fallen auch Polychlorierte Biphenyle (PCB), für die derzeit die Einführung eines neuen Grenzwertes in Diskussion ist, der massive Auswirkungen für die Lack- und Druckfarbenindustrie mit sich bringen kann.

 

Schärferer Grenzwert in der Diskussion

Polychlorierte Biphenyle werden weder bei der Herstellung von Lacken und Druckfarben noch bei der Herstellung der Rohstoffe verwendet. Allerdings ist es derzeit technisch unvermeidbar, dass verschiedene in der Lack- und Druckfarbenindustrie benötigte Rohstoffe durch den Herstellungsprozess PCB in geringen Mengen enthalten können. Betroffen hiervon sind chlorierte Pigmente, die in Lacken und Druckfarben für alle Bereiche, von Automobilindustrie über Bautenfarben bis hin zu Druckfarben, zum Einsatz kommen. Seit mehreren Jahren wird im zuständigen Expertengremium der EU über eine Anpassung der so genannten POP-Verordnung bezüglich des Grenzwertes für Spurenverunreinigungen von PCB diskutiert. Nachdem zunächst die Einführung eines Grenzwertes von 10 ppm in Diskussion stand, wird derzeit über die Einführung eines wesentlich schärferen Grenzwertes diskutiert, wobei eine Übergangsfrist für organische Pigmente vorgesehen wäre. So soll ein allgemeiner Grenzwert für unbeabsichtigte Spurenkontaminationen von 0,1 ppm eingeführt werden.

 

Keine Umweltverschmutzung zu befürchten

Für organische Pigmente soll bei Inkrafttreten der Regelung zunächst ein Grenzwert von 25 ppm für Verunreinigungen gelten. Drei Jahre nach Inkrafttreten soll dieser dann auf 10 ppm abgesenkt werden, nach weiteren drei Jahren soll auch für die organischen Pigmente der Grenzwert von 0,1 ppm gelten. Nach derzeitigem Stand wären hiervon etwa 35 organische Pigmente betroffen, bei denen die Einhaltung des Grenzwertes nicht möglich wäre und die daher künftig in der EU weder hergestellt, noch verarbeitet werden dürften. Die meisten dieser Pigmente, die insbesondere im Farbbereich grün, violett, gelb, rot und blau liegen, haben bei der Herstellung von Lacken und Druckfarben eine Schlüsselfunktion. Kritisch zu bewerten ist hierbei zusätzlich, dass momentan keine anerkannte Analysemethode besteht, mit der die Einhaltung des niedrigen Grenzwertes nachgewiesen werden könnte. Eine Verschmutzung der Umwelt durch die Herstellung und Verwendung von organischen Pigmenten findet schon heute nicht statt, da es sich hierbei um geschlossene industrielle Prozesse handelt und die Pigmente anschließend fest in der Matrix gebunden sind.

 

Produktionsverlagerung ins Ausland?

Inzwischen haben sich auf europäischer Ebene mehr als zwanzig Verbände zusammengeschlossen, um auf die massiven Auswirkungen des diskutierten, extrem niedrigen Grenzwerts für Spurenverunreinigungen aufmerksam zu machen. Ein faktisches Verbot der Herstellung und der Verwendung der Pigmente in der EU würde nicht zu einer Reduzierung des PCB-Gehalts in der Umwelt beitragen, da damit zu rechnen ist, dass dann lediglich die Produktion der entsprechenden Pigmente und Farben ins außereuropäische Ausland verlagert wird. Die bedruckten oder lackierten Produkte würden anschließend in die EU importiert werden, da diese den Grenzwert aufgrund des „Verdünnungseffekts“ einhalten. Eine Reduzierung an PCB wäre hierbei allerdings nicht zu erwarten. Daher fordern die Verbände zum einen eine klare und umsetzbare Regelung für organische Pigmente, aber auch für Gemische, in denen diese eingesetzt werden. Zum anderen müssen die Auswirkungen eines Grenzwerts zunächst in einer offiziellen Folgenabschätzung geprüft werden.

Wie es weiter geht, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Wird an dem aktuellen Vorschlag eines allgemeinen Grenzwerts für unbeabsichtigte Spurenkontaminationen von 0,1 ppm mit der oben genannten Ausnahmeregelung für organische Pigmente festgehalten, wird zeitnah eine öffentliche Konsultation zu dem Vorschlag erfolgen. Es ist aber auch möglich, dass aufgrund der massiven Auswirkungen und der Unsicherheiten bezüglich der Messmethoden neue Vorschläge für den Grenzwert für unbeabsichtigte Spurenverunreinigungen in dem Expertengremium der EU diskutiert werden.


 

Kathrin Mohr

Technische Referentin für die Themen
Druckfarben, Pulverlacke, Autoreparaturlacke,
Umweltschutz und Anlagensicherheit

Tel.: 069 2556 1708
eMail: mohr@vci.de